Berlin fördert die erste Fachstelle zum Thema Pan- und Bisexualität in Deutschland. Träger ist der Verein BiBerlin e. V. Die drei Säulen des Projekts sind Beratung und Empowerment für nicht-monosexuelle Menschen sowie Sensibilisierung der Mehrheitsgesellschaft und LGBTIQ*-Community für bi+spezifische Belange.
Berlin, den 29.07.2024. Die Hauptstadt bekommt die erste geförderte Fachstelle Bi+, die sich explizit mit den Bedarfen bi- und pansexueller Menschen befassen wird.
Das Projekt, das auf dem Berliner Koalitionsvertrag basiert, ist eine Maßnahme des im Dezember 2023 verabschiedeten Berliner LSBTIQ+-Aktionsplans der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt” (IGSV) und wird von der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) gefördert. Die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt, Antidiskriminierung hat das Projekt ermöglicht. Träger der Fachstelle Bi+ ist BiBerlin e. V., die derzeit einzige institutionalisierte Anlaufstelle für Bi+ in Berlin.
„Das Projekt ist ein Riesen Meilenstein in der Versorgung von Bi+ Menschen in Deutschland. Wir freuen uns darüber, dass hier seitens der Politik endlich Versäumnisse nachgeholt und dieser längst überfällige Schritt gegangen wird.”
(Thilo Wetzel, Mitglied des Vorstands bei BiBerlin e.V.)
Beratung, Empowerment, Sensibilisierung
Die drei Säulen des Projekts sind Beratung, Empowerment und Sensibilisierung. Die Fachstelle richtet sich an drei Zielgruppen: Die erste umfasst Menschen aus der Bi+-Community und deren Angehörige. Das Beratungsangebot soll diesen Menschen ermöglichen, in einem geschützten Rahmen kompetent zu Themen wie Coming-out, Diskriminierung oder Lebens- und Familienplanung beraten zu werden. Darüber hinaus sind auch Empowerment-Angebote für diese Zielgruppe angedacht. Diese haben zum Ziel, das Selbstbewusstsein einer häufig nicht ernstgenommenen Community zu stärken.
Die zweite Zielgruppe des Projekts sind die Verwaltung und sonstige staatliche Stellen sowie weiteres berufliches Fachpersonal. Für diese Zielgruppe wird der Träger BiBerlin e. V. spezifische Schulungen und Workshops anbieten, um sie im Bereich Antidiskriminierung und Inklusion für bi+-spezifische Belange zu sensibilisieren.
Zur dritten Zielgruppe zählen Öffentlichkeit, Politik und Zivilgesellschaft, darunter weitere queere Träger. Angebote für diese Zielgruppe dienen ebenfalls der Sensibilisierung, Aufklärung sowie Vernetzung.
Zusätzlich dazu liegt ein besonderer Schwerpunkt der Fachstelle auf den Anliegen bi- und pansexueller BIPoC sowie (Post-)Migrant*innen. Für diesen Themenkomplex wird sich BiBerlin e. V. mit weiteren queeren Trägern vernetzen, die Projekte im Bereich Mehrfachdiskriminierung anbieten.
„Die Fachstelle Bi+ ist quasi ein Pilotprojekt. Wir hoffen, dass sie Vorbild für andere Städte sein wird. Eine in Berlin zu haben reicht natürlich nicht, denn auch in anderen Regionen Deutschlands arbeiten die Bi+ Gruppen vor allem ehrenamtlich!” (Stefan Jerichow, Mitglied des Vorstands bei BiBerlin e.V)
Realisation des Projekts
Bislang fanden Veranstaltungen von BiBerlin e. V., beispielsweise Stammtische und Meet-ups für die Bi+-Community, in unterschiedlichen queeren Lokalitäten statt: Der Verein hat derzeit noch keine eigenen Räume. Für die Realisation der Fachstelle Bi+ sollen zeitnah eigene Räumlichkeiten gefunden werden. Zudem wurden für die Durchführung des Projekts zwei Teilzeitstellen geschaffen, von der eine mit der langjährigen Bi+-Aktivistin Dana Wetzel besetzt wird.
Darüber hinaus bekommt die Fachstelle Bi+ über die LADS eine eigene Landingpage mit allen relevanten Infos zum Projekt. Die Umsetzung soll in den kommenden Wochen beginnen. Updates und Infos zu den geplanten Angeboten werden zeitnah auf der Vereinswebsite biberlin.de veröffentlicht.
“Wir haben so vielen zu danken! Ohne die Community, die vielen Aktivist*innen vor uns, den Verein und seine kontinuierliche Arbeit und auch ohne unser gesamtes unterstützendes Netzwerk in den letzten Jahren wären wir nie an diesen Punkt gekommen! Herzlichen Dank auch an die Senatsverwaltung, die LADS sowie den Queerbeauftragten für die intensive Unterstützung in den letzten Monaten.“ (Anna Sive, Mitglied des Vorstands bei BiBerlin e.V.)
Warum sind spezifische Angebote für die Bi+-Community so wichtig?
Obwohl Menschen, die mehr als ein Geschlecht begehren, laut der internationalen „LGBT+ Pride 2021 Global Survey“ die größte queere Minderheit in der LGBTIQ*-Community bilden, werden sie und ihre spezifischen Bedarfe oft übersehen und nicht mitgedacht. Viele Bi+-Personen erfahren sowohl in der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft als auch in der queeren Szene Ausgrenzung und Diskriminierung.1 Häufige Vorurteile und Klischees zeichnen bisexuelle Personen als unentschlossen, zu feige sich als homosexuell zu outen, untreu und promiskuitiv oder Verbreiter*innen von HIV und STIDs.
Auch heute noch wird die bloße Existenz von Bisexualität infrage gestellt, als Modeerscheinung oder Phase abgestempelt und nicht als valide sexuelle Identität anerkannt. Internationalen Studien2 zufolge leiden Bisexuelle oft unter Minderheitenstress, outen sich seltener als Schwule und Lesben und haben ein höheres Risiko, psychisch zu erkranken, verglichen mit Homo- und Heterosexuellen. Bisexuelle Frauen, die zusätzlich von Misogynie betroffen sind, werden häufig im Mainstream und in der Popkultur sexualisiert und fetischisiert – dabei wird bisexuelles Begehren unter Frauen auf eine pornografische Männerfantasie reduziert. Verglichen mit homo- und heterosexuellen Frauen, leiden sie häufiger unter sexualisierter und häuslicher Gewalt.
Mehr Infos zum Projektträger: Der Verein BiBerlin e. V.
Der Verein BiBerlin wurde 2018 gegründet. Er entstand aus einer Gruppe Aktivist*innen heraus, die sich schon länger ehrenamtlich für bisexuelle Sichtbarkeit in der Hauptstadt starkgemacht haben: Vor fast 15 Jahren gründete diese Gruppe das „Offene Bi+ Treffen” im Sonntags-Club, das auch heute noch monatlich stattfindet.
In seiner jungen Vereinsgeschichte hat BiBerlin e. V. noch einige weitere Angebote für die Bi+-Community in der Hauptstadt ins Leben gerufen, darunter ein monatliches Treffen für bi+ FLINTA*, ein moderiertes Treffen für bi+ Personen und ihre Partner*innen in hetero-gelesenen Beziehungen sowie diverse Workshops zum Thema. Darüber hinaus hat der Verein zwei geförderte Mikroprojekte über bisexuelle Geschichte realisiert, eine Befragung unter Bi+-Personen in Berlin und Brandenburg (u. a. zum Thema Diskriminierung) durchgeführt sowie Stadtführungen durch Berlin mit bisexuellem Schwerpunkt angeboten.
“Wir haben mit BiBerlin e.V. seit seiner Gründung so viele tolle Dinge gemacht. Mit der Fachstelle Bi+ können wir unsere Angebote endlich auf breitere Füße stellen und die Stadtgesellschaft sowie die Community hat auch eine physische Anlaufstelle.” (Dana Wetzel, Projektleitung Fachstelle Bi+)
Begriffserklärung
Bi+ oder Bi Plus ist ein Überbegriff für alle nichtmonosexuellen Menschen, Identitäten und Lebensrealitäten. Das Plus ist ein Platzhalter für verschiedene Labels und Selbstbezeichnungen wie „pansexuell”, „omnisexuell”, „biromantisch” oder „heteroflexibel”. Weitere Begriffe finden sich in unserem Glossar
Mehr Infos und Pressekontakt:
Ansprechperson: Stefan Jerichow
E-Mail-Adresse: stefan.jerichow@biberlin.de
Telefonnummer: 0173 8648041
Homepage: biberlin.de
Social Media: instagram.com/bi.berlin.ev
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auch ohne klasse toll