Erste Befragung bisexueller Menschen im Raum Berlin-Brandenburg

Erste Befragung bisexueller Menschen im Raum Berlin-Brandenburg durch den BiBerlin e. V. zeigt: Bisexuelle Menschen sind divers und in der LGBTIQ*-Community unterrepräsentiert.

Die wichtigsten Ergebnisse sprechen für bifeindliche Vorurteile und einen Mangel an bisexueller Sichtbarkeit sowie Repräsentation in der Mehrheitsgesellschaft sowie in der LGBTIQA*-Community. Die Umfrage deutet auf einen hohen Bedarf an mehr Angeboten und Veranstaltungen speziell für bisexuelle Menschen in Berlin-Brandenburg hin, darunter auch intersektional ausgerichtete Räume und Veranstaltungen. 

Berlin, den 14.07.2023. BiBerlin e. V., Berlins einziger Verein speziell für Menschen des bisexuellen Spektrums, hat kürzlich im Sommer/Herbst 2022 die erste Umfrage innerhalb der Bi+-Community in der Region Berlin-Brandenburg durchgeführt. Im Rahmen der Umfrage wurden valide Daten über die Bi+-Community der Region hinsichtlich ihrer Identität, Diversität, Diskriminierung und Bedürfnisse sowie über die Wahrnehmung der Arbeit und Öffentlichkeitsarbeit von BiBerlin e. V. erhoben. 

Methodik 

Die Beantwortung der quantitativen Umfrage mit standardisierten Fragen und offenen Textfeldern dauerte etwa 15 Minuten und die Teilnehmenden konnten die Umfrage sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch beantworten. Das Design der Umfrage entspricht wissenschaftlichen Standards empirischer Forschung und wurde von Anna Sive – Vorstandsmitglied von BiBerlin e. V., die auch beruflich auf dem Gebiet der empirischen Forschung tätig ist – methodisch umgesetzt. Der Inhalt der Umfrage wurde von der AG Diversität und Inklusion des Vereins konzipiert. 

Im ersten Abschnitt der Umfrage wurden Fragen dazu gestellt, wie sich Personen des Bi+ Spektrums identifizieren, einschließlich Geschlechtsidentität, sexueller Anziehung und ethnischer Zugehörigkeit. „ Bi+“ oder „Bi+ Umbrella“ ist ein von Aktivist*innen geprägter Begriff, der das breite Spektrum an Selbstbezeichnungen für sexuelle und/oder romantische Anziehung zu mehreren Geschlechtern beschreibt, darunter pansexuell, biromantisch, omnisexuell usw. 

Weitere Fragen gingen darauf ein, ob und aus welchen Gründen die Teilnehmenden diskriminiert werden. Ebenso, ob die Befragten über Veranstaltungen informiert sind, die sich an Bi+-Personen richten, und/oder diese besuchen. Der zweite Teil der Befragung richtete sich an Vereinsmitglieder und Besucher*innen des Vereinsangebots und stellte Fragen zu ihren Erfahrungen und Bedürfnissen. 

Stichprobengröße und Feldansatz 

Für die Umfrage gingen über 500 Einsendungen ein, davon waren 350 vollständig ausgefüllt und stammten von Teilnehmer*innen aus der Region Berlin-Brandenburg. Der Feldansatz wurde umgesetzt, indem die Umfrage nicht nur auf den eigenen Web- und Social-Media-Kanälen von BiBerlin, sondern auch auf queeren Veranstaltungen geteilt wurde, zum Beispiel auf dem CSD und dem Lesbisch-Schwulen Stadtfest, sowie auch begleitet von E-Mails und diversen Online-Beiträgen von einer umfassenden Liste queerer Akteure in der Region. Darüber hinaus wurde die Umfrage auch an andere Organisationen weitergegeben, die im Bereich anderer Diversitätsaspekte wie Behinderung, Migration usw. andere tätig sind. 

Durch dieses Vorgehen wurde sichergestellt, dass ein breites Spektrum an Bi+-Personen an der Befragung teilnahm – und nicht nur diejenigen, die BiBerlin e.V. bereits kennen. Aus empirischer Sicht spiegelt die Anzahl und Zusammensetzung der Teilnehmer*innen eine valide und verlässliche Stichprobe wider und ist ein Novum, um Daten über Bi+-Personen in der Region im wissenschaftlichen Kontext sichtbar machen. 

Kern-Ergebnisse 

Die zentralen Erkenntnisse waren, dass die Bi+-Community in der Region Berlin-Brandenburg divers ist – in Bezug auf Geschlecht, Identität und ethnische Zugehörigkeit. Bi+-Personen identifizieren sich auch als Angehörige mehrerer queerer Communitys. Bi+-Menschen erleben vielfältige Formen der Diskriminierung, und viele erleben auch intersektionale Diskriminierung sowie Mehrfachdiskriminierung. Die große Mehrheit ist nicht nur von einer, sondern oft von mehreren, auch intersektionellen Diskriminierungen betroffen. BIPoC-Inklusion und Trans-Inklusion sind zwei der Themen, die die Bi+-Community verstärken muss – und auch die anderen queeren Communitys.

Der – derzeit zu 100% ehrenamtlich tätige – BiBerlin e. V. deckt einige, aber nicht alle Bedürfnisse der Community ab; Die Umfrage zeigte den Wunsch nach verschiedenen Arten von Veranstaltungen und verschiedenen Formaten auf, um sich innerhalb der Bi+-Community auszutauschen. Die Bi+ Community Berlin/Brandenburg hat Bedarf an sichereren Räumen, Bi+-spezifischen Spaces sowie an Bi+-spezifischer Beratung zu verschiedenen Themen, darunter Bi+ und Familie, Bi+ und Gesundheit usw. 

BiBerlin erreicht derzeit einen Großteil der Bi+-Personen durch Öffentlichkeitsarbeit, einschließlich der Online- und Social-Media-Präsenz. Dies könnte eine Möglichkeit sein, die Repräsentation der Bi+ Community zu erhöhen. 

Soziodemografische Daten

Die meisten Befragten sind unter 45 Jahre alt und verfügen über einen Hochschulabschluss. 25% der Befragten leben unterhalb der Armutsgrenze. Die meisten Befragten sind nicht religiös. Unter denen, die es sind, identifiziert sich die Mehrheit als christlich. Die große Mehrheit der Befragten sind deutsche Staatsbürger*innen. Knapp 1/5 identifiziert sich nicht als weiß. 

Geschlechtsidentität

Die meisten Befragten sind Frauen; Etwa ein Drittel der Befragten identifiziert sich als etwas anderes als weiblich oder männlich. Jede*r Fünfte identifizierte sich mit mehr als einer Bezeichnung für Geschlechtsidentität. 1 von 5 Menschen definiert sich selbst als nicht-cisgender. 

Sexualität/Anziehung

Die große Mehrheit der Befragten ordnet sich irgendwo im bisexuellen Spektrum ein (sie fühlen sich zu mehr als einem Geschlecht, zu allen Geschlechtern oder unabhängig vom Geschlecht zu Menschen hingezogen). 29% gaben an, dass ihre sexuelle Anziehung fließend ist. Mehr als die Hälfte identifizierte sich mit mehr als zwei Labels, die unter dem Bi+-Regenschirm fallen. Außerdem verwenden Bi+-Personen häufig Bezeichnungen, die sowohl ins Bi+-Spektrum fallen als auch zusätzlich andere Bezeichnungen (wie z. B. lesbisch, schwul, queer usw.) in Kombination. 75% identifizieren sich als Teil der queeren / LGBTIQA*-Community. Allerdings identifizierte sich nur die Hälfte aller Befragten als Angehörige der Bi+ Community. Es gibt erhebliche Überschneidungen zwischen den Bi+-, Trans-, Kink- und Polyamorie-Communitys. 

Diskriminierung 

10% der Befragten sind von einer Form der Diskriminierung betroffen. 80% der Befragten sind von mindestens 2, oft aber auch mehreren Formen von Diskriminierung betroffen. Die am häufigsten genannten Diskriminierungen sind Sexismus und Frauenfeindlichkeit, Bifeindlichkeit, Klassismus, Behindertenfeindlichkeit und allgemeine Queerfeindlichkeit. 16% antworteten, dass sie intersektionale Diskriminierung erfahren. Nur 11% der Befragten gaben an, dass sie nicht diskriminiert werden. Innerhalb der Bi+-Community wird ein Mangel an Trans- und BIPOC-Inklusion wahrgenommen. Von den Befragten waren jedoch lediglich 42% der Meinung, dass sie sich zu diesem Thema äußern könnten. Mehr als ein Drittel von ihnen sieht fehlende Trans-Inklusion und über die Hälfte fehlende BIPOC-Inklusion. 

Anliegen und relevanteste Themen für Bi+

Die große Mehrheit gibt an, dass die Sichtbarkeit von Bi+ für sie ein wichtiges Thema ist (73%). 60% halten die Diskriminierung von Bi+-Personen innerhalb queerer Communitys für ein wichtiges Thema, gefolgt vom Problem der Diskriminierung außerhalb queerer Communitys (52%). Weitere Erwähnungen beziehen sich auf Themen wie das Fehlen von Bi+-Räumen sowie mangelnde Berücksichtigung von Intersektionalität, darunter Probleme mit Rassismus. 

Nutzung und Veröffentlichung der Umfrage 

Diese Pressemitteilung ist die erste Vorschau auf die derzeit unveröffentlichten Daten der Umfrage. BiBerlin e.V. plant, die detaillierten Daten im zweiten Halbjahr 2023 zu veröffentlichen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Bei Fragen zur Umfrage wenden Sie sich bitte an: befragung@biberlin.de.  

Pressekontakt

Name: Anna Sive
Telefonnummer: +49170321178 
E-Mail: anna.sive@biberlin.de
Website: www.biberlin.de 

Read the press release in English here